Erhöhung der Erbschafts- und Schenkungssteuer für Immobilien ab 2023 nach Änderung des Jahressteuergesetzes

Ab dem 01.01.2023 wird das Vererben sowie das Verschenken von Immobilien deutlich teurer.

Von der Allgemeinheit weitgehend unbeachtet hat der Bundestag am 10.10.2022 einen Gesetzesentwurf eingebracht (BT-Drucks. Nr. 20/3870, https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2022/kw41-de-jahressteuergesetz-913030). Dieser sieht die Änderung der steuerlichen Bewertungsmaßstäbe von bebauten Grundstücken vor. Dies hat eine erhebliche Erhöhung der Erbschafts- und Schenkungssteuer ab dem 01.01.2023 zur Folge.

Erben und Schenken wird steuerlich im Wesentlichen gleich betrachtet. Es gibt je nach Verwandtschaftsgrad drei Steuerklassen, unterschiedliche Freibeträge und unterschiedliche Steuersätze. Lesen Sie hierzu auch meinen Artikel zum Thema „Erbschaftssteuer: Steuergünstig vererben und verschenken“ (https://www.anwalt.de/rechtstipps/erbschaftssteuer-steuerguenstig-vererben-und-verschenken-202628.html). Die geplante Gesetzesänderung betrifft somit sowohl die Übertragung von Grundstücken durch Vererben, als auch die Übertragung durch Verschenken.

Änderung der steuerlichen Bewertung von bebauten Grundstücken

Geändert werden soll nach dem Entwurf nicht der bisherige Erbschafts- und Schenkungssteuersatz an sich, sondern die steuerliche Bewertung von bebauten Grundstücken.

Wörtlich heißt es in dem Entwurf:

„Mit den nunmehr vorgenommenen Änderungen des Bewertungsgesetzes werden insbesondere das Ertrags- und Sachwertverfahren zur Bewertung bebauter Grundstücke sowie die Verfahren zur Bewertung in Erbbaurechtsfällen und Fällen mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden an die geänderte Immobilienwertermittlungsverordnung angepasst.“

Im Kern bedeutet dies, dass die steuerliche Bewertung bebauter Grundstücke aufgrund der neuen Regelungen näher an die Wertermittlung der Gutachterausschüsse und damit an die aktuellen Verkehrswerte gekoppelt werden.

Dies hat aufgrund der überwiegend gestiegenen Immobilienpreise deutlich höhere Bewertungen zur Folge. Steigt nun durch die höhere Bewertung der Immobilienwert, erhöht sich dementsprechend auch die Steuer. Dies folgt zum einen daraus, dass ein höherer Wert über dem Freibetrag liegt und besteuert werden muss. Zum anderen steigt der Prozentsatz der Steuer bei Überschreiten der jeweiligen Schwellenwerte.

In Folge dessen ist laut einhelliger Expertenmeinung eine Steigerung der zu bezahlenden Steuer von mindestens 20 bis 30% zu erwarten, in einigen Fällen kann es sogar zu einer Verdopplung des zu bezahlenden Steuerwertes kommen.

Übertragung von Immobilien noch vor dem 01.01.2023

Es empfiehlt sich somit dringend, im individuellen Fall von einem Steuerberater überprüfen zu lassen, ob und in welcher Höhe die geänderten Bewertungsregelungen ab dem 01.01.2023 zu einer höheren Steuerbelastung führen. Sollte dabei ermittelt werden, dass eine wesentlich erhöhte Steuerbelastung zu erwarten ist, und wird ohnehin eine Übertragung der Immobilie an Familienangehörige, sei es durch Vererben oder Verschenken, erwogen, empfiehlt es sich, die bis zum Ende des Jahres 2022 bestehenden, „alten“ Werte für die Übertragung zu nutzen.

Für die Übertragung eines Grundstücks bedarf es stets einen notariell beurkundeten Vertrag, welcher vom Notar beim Grundbuchamt eingereicht werden muss. Das Grundbuchamt ändert anschließend anhand der neuen Eigentümerstellung in dem Vertrag das Grundbuch entsprechend ab. Dieses Verfahren dauert, gerade zum Jahresende hin und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Notare und Grundbuchämter aufgrund der anstehenden Gesetzesänderung stark überlastet sind, oftmals eine längere Zeit.

Ab wann müssen die neuen Regelungen angewendet werden?

Es stellt sich daher die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt des oben beschriebenen Vorganges die „alten“ Steuersätze angewendet werden können und ab welchem Zeitpunkt die „neuen“ Steuersätze gelten. Gem. § 9 ErbStG entsteht die Steuer bei Schenkungen unter Lebenden „mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung“. Die Ausführung der Zuwendung ist nach überwiegender Auffassung dann gegeben, wenn die Auflassung, also die Einigung des bisherigen Eigentümers der Immobilie mit dem zukünftigen Eigentümer über den Eigentumsübergang der Immobilie, erklärt und die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch von dem Schenkenden bewilligt worden ist. Diese beiden Erklärungen sind grundsätzlich im notariellen Übertragungsvertrag enthalten, was zur Folge hat, dass für den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer der Zeitpunkt der notariellen Beurkundung des Vertrages maßgeblich ist. 

Zu den bislang geltenden steuerlichen Regelungen können Immobilien daher durch notarielle Beurkundung noch bis Ende des Jahres 2022 vorgenommen werden.

Vermeiden von unüberlegten Vertragsschlüssen

Jedoch sollte dringend vermieden werden, dass aufgrund des zeitlichen Drucks vorschnelle, unüberlegte Verträge abgeschlossen werden, welche im Nachgang nicht mehr rückgängig zu machen sind. Es empfiehlt sich in jedem Falle vor der Übertragung einer Immobilie unbedingt, die Expertise eines erfahrenen Rechtsanwalts einzuholen, um mögliche Fallen und Probleme, welche sich aus der Übertragung einer Immobilie ergeben können, zu vermeiden.

Darüber hinaus bestehen zahlreiche rechtliche Möglichkeiten, durch welche sich der bisherige Eigentümer einer Immobilie gegenüber dem Beschenkten auch für die Zukunft absichern kann. So kann sich der Verschenkende ein Nießbrauchsrecht an der Immobilie vorbehalten und so beispielsweise weiterhin die Immobilie bewohnen oder nutzen. Die Belastung mit einem Nießbrauch wirkt sich zugleich auf den Wert der Immobilie aus. Auch kann der Schenkende vor der Schenkung verfügen, dass die Immobilie nicht mit einer Hypothek belastet werden darf. Durch eine sogenannte Rückauflassungsvormerkung im Grundbuch kann der Verschenkende sich zudem das Recht vorbehalten, in bestimmten Fällen die Immobilie von dem Beschenkten zurückverlangen zu können.

Diese Vereinbarungen müssen jedoch in jedem Fall vor der Schenkung in den Vertrag aufgenommen werden und sollten vorher eingehend mit einem anwaltlichen Berater durchgesprochen und auf ihre Vor- und Nachteile hin überprüft werden.

Die Anwaltskanzlei Reißler in München – Bogenhausen verfügt über langjährige Erfahrung und tiefgehende Fachkenntnisse im Bereich der Übertragung von Immobilien zu Lebzeiten und berät Sie gerne zu diesem Thema.