Vorsorge für den Ernstfall: Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht

Um in persönlichen Angelegenheiten für den Fall der Geschäfts- oder Einwilligungsunfähigkeit vorzusorgen, sollten Sie unbedingt die Erstellung einer Patientenverfügung und einer Vorsorgevollmacht in Betracht ziehen.

Durch die Erteilung einer Vorsorgevollmacht und mit der Erstellung einer Patientenverfügung können Sie bereits vor Eintritt des Ernstfalls durch individuelle Regelungen bestimmen, wie mit Ihnen verfahren werden soll, wenn Sie sich in bestimmten Situationen, beispielweise in Folge von Krankheit oder hohen Alters, nicht mehr selbst äußern können. In der Vorsorgevollmacht können Sie bereits festlegen, welche Personen in einem solchen Fall Entscheidungen über Ihre ärztlichen Behandlungen, Ihr Vermögen und sonstige rechtliche Angelegenheiten treffen dürfen. Die von Ihnen bevollmächtigte Person kann im Ernstfall sofort handeln und es muss nicht erst die gerichtliche Bestellung eines Betreuers abgewartet werden, wie es ohne Vorliegen einer Vorsorgevollmacht der Fall wäre.

Nachfolgend finden Sie die wichtigsten Fragen und Antworten zu Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung.

I. Was ist der Unterschied zwischen Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht?

Die Patientenverfügung gilt zwischen Ihnen und Ihrem behandelnden Arzt und ist in § 1901a BGB gesetzlich geregelt. Mit der Patientenverfügung können Sie für den Fall Ihrer späteren Einwilligungs- bzw. Entscheidungsunfähigkeit vorab schriftlich festlegen, ob Sie in bestimmte medizinische Maßnahmen einwilligen oder diese untersagen möchten. Ihr behandelnder Arzt ist, sollten Ihre Festlegungen auf Ihre aktuelle Behandlungssituation zutreffen, verpflichtet, Ihre Patientenverfügung dementsprechend umzusetzen und nach Ihrem in der Verfügung dargestellten Willen zu handeln. Eine betreuungsgerichtliche Genehmigung ist in diesem Fall nicht erforderlich, da die entsprechende Entscheidung bereits in der Patientenverfügung von Ihnen selbst getroffen wurde und diese somit für alle Beteiligten bindend ist.

Die Vorsorgevollmacht gilt zwischen Ihnen und der darin von Ihnen bevollmächtigten Person. Mit der Vorsorgevollmacht können Sie einer anderen Person das Recht einräumen, in Ihrem Namen stellvertretend für Sie zu handeln und zu entscheiden. Sowohl einzelne, als auch alle persönlichen Angelegenheiten können mittels der Vorsorgevollmacht von Ihnen auf die bevollmächtigte Person übertragen werden. Sie können zudem festlegen, dass von der Vorsorgevollmacht erst dann Gebrauch gemacht werden darf, wenn Sie selbst nicht mehr in der Lage sind, über ihre Angelegenheiten zu entscheiden. Die Bestellung eines Betreuers oder einer Betreuerin durch das Betreuungsgericht ist bei Vorhandensein einer Vorsorgevollmacht nicht mehr erforderlich.

II. Welchen Inhalt sollten Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht aufweisen?

In der Patientenverfügung können Sie die Vornahme bestimmter medizinischer Maßnahmen für den Fall festlegen, dass Sie selbst nicht mehr in der Lage sind, sich in der entsprechenden Situation zu äußern. Sie können in der Patientenverfügung beispielsweise regeln, ob Sie lebenserhaltende Maßnahmen oder Blutspenden erhalten oder ob Sie Ihre Organe spenden möchten.

Die Formulierungen, die in der Patientenverfügung verwendet werden, sind von entscheidender Bedeutung und sollten mit Bedacht gewählt werden. Es bestehen hier strenge Vorgaben, welche erfüllt werden müssen, damit die Patientenverfügung von dem behandelnden Arzt auch entsprechend Ihrer Anordnungen umgesetzt werden kann. So hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) bereits des Öfteren mit der Frage beschäftigt, welche inhaltlichen Voraussetzungen an eine Patientenverfügung zu stellen sind. So stellte der BGH bereits in zahlreichen Beschlüssen (Beschlüsse vom 6. Juli 2016 (XII ZB 61/16), 8. Februar 2017 (XII ZB 604/15), 14. November 2018 (XII ZB 107/18)) fest, dass eine Patientenverfügung im Sinne des § 1901a Abs. 1 BGB nur dann unmittelbare Bindungswirkung entfaltet, wenn ihr konkrete Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte, noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen entnommen werden können. Der BGH macht deutlich, dass die Formulierung „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ in der Patientenverfügung für sich genommen nicht die für eine wirksame Patientenverfügung erforderliche hinreichend konkrete Behandlungsentscheidung darstellt.

Vielmehr muss diesbezüglich eine Konkretisierung erfolgen, beispielsweise durch die Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen oder die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen.

In der Vorsorgevollmacht können Sie die bevollmächtigte Person zur Vornahme sämtlicher rechtlich relevanter Handlungen, bei denen eine Stellvertretung zulässig ist, ermächtigen.

Keine Stellvertretung ist bei höchstpersönlichen Rechtsgeschäften zulässig. Hierzu kann die bevollmächtigte Person mittels Vollmacht somit nicht ermächtigt werden.

Sollten Sie in der Vollmacht Regelungen zu Ihrer Vertretung in gerichtlichen Verfahren oder bezüglich einer möglichen freiheitsentziehenden Unterbringung treffen wollen, müssen Sie dies ausdrücklich in der Vollmacht aufführen. Eine Generalvollmacht ist zur Regelung dieser Angelegenheiten nicht ausreichend.

Die Vornahme einer freiheitsentziehenden Unterbringung oder einer gefährlichen Heilbehandlung unterliegt zudem gem. §§ 1904, 1906 BGB der Genehmigung durch das Betreuungsgericht. Dies gilt auch im Falle des Vorhandenseins einer Vorsorgevollmacht für den Vorsorgebevollmächtigten.

Entscheidungen über Ihre Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung oder die Anwendung freiheitsentziehender Maßnahmen, wie dem Festbinden am Bett oder der Sedierung durch die Gabe von Medikamenten, bedürfen somit stets vorheriger richterlicher Genehmigung.

III. Welche Formalitäten müssen beachtet werden?

Die äußere Form der Vorsorgevollmacht und der Patientenverfügung unterliegt keinen vorgegebenen Formerfordernissen.

Hinsichtlich bestimmter Konstellationen bestehen jedoch formale Besonderheiten, die es dringend zu beachten gilt.

Insbesondere wenn Sie über eine oder mehrere Immobilien verfügen und die bevollmächtigte Person in Ihrer Vorsorgevollmacht zur Verfügung über die Immobilie(n) ermächtigen, sind über die Erstellung einer Vorsorgevollmacht hinaus noch weitere Vorkehrungen, wie beispielsweise die notarielle Beurkundung der Vollmacht, zu treffen. Ohne diese kann die bevollmächtigte Person im Vorsorgefall nicht über Ihre Immobilien verfügen, diese also beispielsweise nicht verkaufen oder belasten.

Möchten Sie eine Person mittels Vollmacht dazu ermächtigen, Darlehensverträge in Ihrem Namen abzuschließen, gelten auch hier zusätzliche Bestimmungen, die beachtet werden müssen, um die Wirksamkeit Ihrer Festlegungen zu garantieren.

Die Konsultation eines Rechtsanwalts ist daher gerade dann, wenn es um eine Bevollmächtigung zur Verfügung über Immobilien oder zum Abschluss eines Darlehensvertrages geht, besonders ratsam. So stellen Sie sicher, dass keine wichtigen Details übersehen werden und dass Ihre in der Vorsorgevollmacht festgelegten Wünsche auch tatsächlich und ohne rechtliche Hindernisse durchgeführt werden können.

IV. Wie sollten Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht am besten aufbewahrt werden?

Bei Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung handelt es sich um wichtige Dokumente, auf welche die von Ihnen bevollmächtigten Personen im Ernstfall Zugriff haben müssen.

Sie sollten daher ein besonderes Augenmerk auf die sichere und zugängliche Aufbewahrung der Vorsorgevollmacht und der Patientenverfügung legen.

Für die Aufbewahrung der Dokumente gibt es verschiedene Möglichkeiten, aus welchen Sie frei wählen können. Eine Vorschrift, wie die Dokumente aufzubewahren sind, besteht nicht. Jedoch sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass die bevollmächtigte Person Zugriff auf die Originaldokumente haben muss, um diese im Ernstfall verwenden zu können. Es reicht also nicht aus, Ihrem Bevollmächtigten lediglich Kopien oder Abschriften der Dokumente zur Verwahrung zu übergeben. Mit diesen ist die bevollmächtigte Person nicht handlungsfähig.

Auch öffentliche Stellen, wie Notariate oder das Zentrale Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer, bieten Möglichkeiten zur Hinterlegung oder Registrierung der Dokumente an.

Es sollte jedoch stets gut durchdacht werden, welche der zahlreichen Hinterlegungsmöglichkeiten am sinnvollsten ist, um der bevollmächtigten Person den Zugriff auf die Dokumente im Ernstfall schnell und sicher zu ermöglichen.

V. Wie kann eine Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht widerrufen oder gekündigt werden?

Die Vorsorgevollmacht kann von dem Auftraggeber jederzeit widerrufen und von dem Beauftragten jederzeit gekündigt werden. Die Einhaltung einer besonderen Form ist hierfür nicht notwendig.

Zu beachten ist jedoch, dass dies nur möglich ist, solange der Vollmachtgeber geschäftsfähig ist. Nach Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers, also beispielsweise im Falle schwerer Krankheit, aufgrund derer sich der Vollmachtgeber nicht mehr äußern kann, ist eine Kündigung nicht mehr ohne weiteres möglich. Stattdessen muss dann vom Betreuungsgericht ein Betreuer bestellt werden, demgegenüber der Bevollmächtigte die Kündigung der Vollmacht erklären muss.

Die Bedeutung einer rechtlich einwandfrei gestalteten Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung im Ernstfall ist nicht zu unterschätzen. Für die Wirksamkeit der Dokumente müssen viele Einzelheiten und Feinheiten ordnungsgemäß in den Verfügungen enthalten sein. Auch sollten Wertungswidersprüche zwischen einzelnen Festlegungen dringend vermieden werden und rechtssichere Formulierungen gewählt werden.

Zudem ist es unerlässlich, dass Ihre Dokumente im Einklang mit der jüngsten Rechtsprechung des BGH stehen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung im Bereich von Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung entwickelt sich stetig weiter. Es gilt daher, unbedingt die aktuellen Vorgaben und Entscheidungen des BGH bei der Erstellung von Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung zu beachten, um die Wirksamkeit der Dokumente im Ernstfall gewährleisten zu können.

Auch aus diesem Grund ist es sinnvoll, sich hinsichtlich der Ausarbeitung eines solch wichtigen Dokuments anwaltlich beraten zu lassen. Die Anwaltskanzlei Reißler in München – Bogenhausen unterstützt Sie gerne mit entsprechender rechtlicher Expertise bei der Erstellung Ihrer Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung. Aufgrund jahrelanger Erfahrung und zahlreichen Fortbildungen in diesem Bereich sind wir bestens mit sämtlichen Einzelheiten vertraut, auf die es bei der Erstellung von Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung ankommt.